4.2.11

Der Sterbende

Durchnäßt in seinen Fieber liegt er im Bett und redet mit einer Nonne, der er sein Herz ausschüttet.
"Ein großes Imperium habe ich geschaffen, auf das alle blicken. Aber wenn ich die Gesichter meiner Angehörigen sehe, bin ich nur Kapital, das ich für sie geschaffen habe." Sanft wischt die Nonne den Sterbenden die Schweißperlen von der Stirn. Sie meint: "Aber Ihre Frau und ihr Sohn haben doch so geweint, sie besuchen sie doch so oft?" "Nix lieben, nur mein Geld lieben sie, diese Schmarotzer"
--- Leise klopft es an der Zimmertür und ein einfacher Mann betritt das Zimmer. Voller Ehrfurcht spricht er zu den Sterbenden: "So oft wollte ich zu ihnen, aber ihre Leute ließen mich nicht zu ihnen! Aber ich wollte mich nur für das Geld und ihren Ratschlag bedanken".
"Noch nie hab ich sie gesehen, ist das nicht eine Verwechslung?" meinte verwirrt der Sterbende.
"Nein sie waren vor drei Wochen an einen Freitag bei einen Fest und sind dann zu Fuß nach Hause gegangen, sie trafen mich an einer Brücke!" versicherte der Besucher. In den Sterbenden setzt sich jetzt eine Neugierde. Seine vorhergehenden Depressionen wichen in diesen Moment. Und der Mann erzählte weiter: "Ich war drauf und drann von der Brücke zu springen, bis sie mir zuplärten, warum ich so blöd rumstehe und glotze wie ein Maulaffe. Dann kamen sie zu mir rüber, klopften mir auf die Schulter und baten mich, Sie in eine Kneipe zu begleiten." Die Gesichtszüge des Sterbenden entspannten sich mehr und mehr. "In der Kneipe beim Bier angekommen, sprachen sie mit mir sehr viel über ihr Leben. Sie erzählten mir ihre gesamten familären Probleme. Irgendwie fühlten wir uns voneinander angezogen. Besser gesagt, ich fand Dich schon ganz schön bemerkenswert, wie du so einfach mich am Leben hieltest. Ja so das einfache fehlte mir damals im Leben. Du gabst mir damals ganz viel Sinn!"
Martin, so nannte er sich, hatte so ein eigenartiges Gesicht bekommen. Er suchte sich einen Stuhl und setzte sich neben das Bett des Todkranken. Betrachtet ihm sehr eingehend, als er ihm fragte: "Fällt es Dir schwer von dieser Welt zu gehen?" Eliat, der Sterbende blickte verwirrt und dachte: "Was hast du denn für eine Ahnung, was weißt du davon, was es heißt sterben zu müssen?" Eliats Kraft reichte nicht mehr dazu, zu diskutieren. Er sagte lediglich: " Ich hatte mein Leben lange nicht begriffen frei zu sein, den Dingen seinen Lauf zu lassen, und dankbar zu sein den Lauf miterleben zu dürfen. Ja Martin, das sterben ist ein harter Kampf für mich, ich muß jetzt im sterben das Leben lernen." Eliat legte erschöpft vom langen Reden den Kopf zur Seite. Im Reden wirkte er ganz aufgeregt, doch jetzt war über ihm eine eintigartige Ruhe über ihm gekommen. Martin rückte sich seinen Stuhl an des Kranken Lagers und legte seine Hand auf Eliats Hand. Diese war warm und kalt zugleich. Der Kampf in ihm war bis in die Fingerspitzenzum spüren. Es kehrte Ruhe in das Zimmer ein. Vom Fenster des Krankenzimmers hüpften Meisen auf den Sträuchern umher, und jedes von ihnen sang sein eigenes Lied und sein eigenes Leid. Eliat war eingeschlafen. Martin erhob sich ganz leise und verließ das Zummer.
Eliat träumte schwer. Es begegneten ihm Leute über Leute, einige kannte er andere schienen ihm bekannt, wieder andere hatte er noch nie in seinen Leben gesehen. Alle liebten ihm vom ersten Augenblick an und in dem Moment, wo er sie in sein Herz schloß, verschwanden sie oder wurden dunkel. Er öffnete seine Augen und war noch schwächer als vorher. Das Herz war ihm schwer geworden. Kein Laut war mehr zu hören, denn es ward Nacht geworden. Die Gedanken schweiften wieder nach den Verwandten die so sehr nach seinen Geld trachteten. Er machte sich Gedanken, warum er sich jetzt noch Gedanken übers Geld, die Verwandten machte? Er wird ja sterben und neues wird ja in ihm oder aus ihm beginnen. Seine Gedanken wurden wirr. Martin hatte ein eigenartiges Gefühl und ging noch einmal nach Eliats zu sehen. Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich an Eliats Bett, legte seine Hand auf den Kranken seine Hand. Die Hand war kalt.

Karl-Heinz Huber und Barbara Schmid schrieben es zusammen im Februar 1988

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Tunnel durch Raum und Zeit

Tunnel durch Raum und Zeit
von Monika Crepes, Wien

Tagebuch

16. Dezember 2013

die nächsten 14 Tage, hoffentlich aber nur 14 Tage, nur noch Nachtschicht!